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CHINON GS-7 – „Das Raumschiff“

CHINON GS-7 – „Das Raumschiff“ Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2023. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Genesis, alias CHINON GS-7, das mit seiner „Big Block“ 2CR5 Batterie und einem 35mm-Film geladen fünf Wochen lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen.

 

Foto: In rot gekennzeichnet – motorisiert. Stufenloses Infrarot-Autofokussystem

 

So oder so ähnlich könnte man tatsächlich denken, soweit man einen Fotoapparat von den 4 unterschiedlichen Modellversionen der CHINON „Genesis“ Serie mit einer gesunden Prise Humor und Fantasie in Richtung (Sternen)Himmel hält. Willkommen in der Bridge Klasse!

Als 1988 der erste bekannte Computerwurm namens Morris ca. 10 % des damaligen Internets lahmlegte und parallel Steffi Graf im Tennis alle vier Grand-Slam-Turniere gewann, führte der japanische Hersteller CHINON mit der Genesis-Serie das Konzept des „Zoom-Linsenreflexes“ ein und verschaffte damit eine ersehnte Brücke, die die Eigenschaften von Spiegelreflex- und anspruchsvollen Kompaktkamera in sich vereinigen sollten. Die Vorteile lagen auf der Hand: Eine Spiegelreflexkamera mit Autofokus nebst fest eingebautem Zoom in SLR-Qualität in kompakten Maßen.

 

Foto: Powertaste ist automatisch „Blitz auf“-Taste.

 

Ein jeder Fotograf wusste, dass diese Variation nur zu gut hätte sein könnte – z. B. ein Tennisspiel mit nur einem Gerät abzulichten und das ohne lästiges Zubehör. Computer hatten damals die wenigsten (daher waren 10 % der Geschädigten durch „Morris“ überschaubar), aber für 10 % der Linkshänder, die die rechtshänderorientierte Einhandbedienung der GS-7 mehr schlecht als recht bedienen konnten, sah die Welt schon wieder anders aus.

 

 

Auch ließ die „Kompaktheit“ zu wünschen übrig. Das Baukonzept der CHINON-Genesis-Serie (Serie I GS-7/Serie II GS-8/Serie III GS-9/Serie IV) wirkt mehr wie ein schwerer, großer futuristischer Klotz, der in allen optischen Belangen und Gewicht (750g) an die Zeit der alten Videogeräte erinnert.

 

 

Dennoch: Die analogen Bridge-Fotoapparate hatten ihre Berechtigung. Schnell erkannten es auch andere Unternehmen, und so kam es, dass z.B. Yashica, Ricoh, Canon oder Olympus die Fotowelt mit genau diesen Apparaten bis Anfang der 1990er ausstattete. Vor- und Nachteile waren im Mix „relativ“ ausgewogen. Der Name „Bridgekamera“ hat sich bis heute auch in der digitalen Welt durchgesetzt.

 

 

 

Ich schlüpfe mit meiner rechten Hand durch die Schlaufe und muss feststellen, dass dieser Fotoapparat sehr angenehm zu halten ist. Rechtsseitig lässt sich nur der Auslöser betätigen. Das Display im oberen Bereich zeigt mir neben dem Batteriestatus die Anzahl der getätigten Bilder, eine Timerfunktion sowie das Logo für die Gegenlichtkompensation.

Auf der linken Seite gibt es weitere Einstellmöglichkeiten. Einen Regler, um den Blitz auszuschalten, und ein weiterer Schieberegler, um von Einzelaufnahmen in Serienaufnahmen (max. 3 Bilder) zu wechseln. Interessant sind auch die folgenden Bedienknöpfe:

 

M. EXP. : Mehrfachbelichtungstaste (Max. 2 Bilder)

SELF T.: Selbstauslöser (10 Sekunden)

BLC: Belichtungskorrektur

 

Auch die gesamte manuelle Zoomeinstellung befindet sich auf der linken Seite. (35-80 mm) Ab 80 mm dann Makrofunktion. Einen „offiziellen“ ON/OFF Schalter ist nicht vorhanden. Dieser wird durch das Öffnen des Blitzes ersetzt.

Auf dem Alexanderplatz in Berlin möchte ich das erste Foto machen – natürlich vom Fernsehturm. Mit dem Anvisieren des Turmes und dem leichten Betätigen des Auslösers erklingen zugleich die impulsiven und ruppig wirkenden Servomotoren des Objektives. Was ein Sound! Die einzige Verwunderung, die jedoch bleibt, ist, dass im Sucherfeld eine Scharfstellung nur in der Mittelscheibe sichtbar ist. Ob dieses auch den Rest betrifft? Die Entwicklung wird es zeigen!

 

 

Der Autofokus hat übrigens auch keine Warpgeschwindigkeit, aber ich gebe zu: Das Wirken der CHINON GS-7 hat einen ganz besonderen Charme, sodass ich kurzerhand den Klotz in „Das Raumschiff“ taufe.

War das vielleicht der Beginn einer neuen Sternenflotte? Ich gebe zu – jetzt, wo ich diese Review schreibe, es sollte nicht die letzte Bridgekamera gewesen sein. 😉 Und damit kommen wir auch gleichzeitig zum Antrieb. Hatte das Raumschiff „Herz aus Gold“ aus dem Film „Per Anhalter durch die Galaxis“ doch den unendlichen Unwahrscheinlichkeitsantrieb? So erfordert die dicke CHINON leider einen nicht günstigen 2CR5-Batterieblock.

 

 

Mit der GS-7 wurde natürlich noch ein wenig Berlin erkundet. Auch der Blitz ist in einem guten Zustand. Ein Fahrer der Berliner Verkehrsbetriebe bestätigte mir dieses Merkmal sogar aus einer U-Bahn per Mikrofon. Dafür nochmal sorry! Ich hoffe, er wurde nicht zu sehr „geblitztdingst“.

Ein paar Wochen später besuchte ich mit der CHINON GS-7 auch den Straßenmalerwettbewerb in Geldern. Auch hier konnte ich dank der Makroeinstellung (o,5m) die ein oder andere interessanten Blickwinkel ablichten.

 

 

CHINON GS-7

 

 

Nackte Fakten: Objektiv: Chinon-Zoom, Brennweite: 35 bis 80 mm, Blenden: ƒ/4,1 bis ƒ/6,4, Fokusbereich: 0,85 bis unendlich, Objektivbefestigung: fest, Verschluss: elektromagnetischer Flügel, Geschwindigkeiten: 1/4 s bis 1/300 s, Blitz, Filmgröße: 35 mm

Fazit: Mein Raumschiff hat mich angefixt! Neben den manchmal komisch wirkenden Gestiken, die zwangsläufig durch Anwender und Fotoapparat entstehen, überwiegen für mich bei der CHINON GS-7 die zusätzlichen Merkmale. Auch wenn das Objektiv nicht lichtstark ist, so lädt die Zoom-Range, die das Gerät bietet, zu alternativen Perspektiven in der damaligen „Kompaktklasse“ ein. Eine schöne und willkommene Abwechslung, wer auch gerne mal sein Sammelsurium an Objektiven zu Hause lassen oder mehr als nur eine Festbrennweite nutzen möchte.

 

 

 

 

 

 

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