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Canon EOS IX – Operation gelungen, Patient lebt!

Für ein paar Taler konnte ich kürzlich eine Canon EOS IX ergattern. Meine Freude war groß, auch wenn es sich beim Kauf nur um das Gehäuse handelte. Die Canon EOS IX ist für mich eine historisch nicht uninteressante Kamera. Viele von diesen APS-Spiegelreflexkameras wurden nicht gebaut und Filme für das APS-System sind kaum noch zu bekommen, da sie nicht mehr hergestellt werden. Zum Glück hatte ich noch ein passendes Objektiv und einen APS-Film zu Hause – Grund genug, beides wieder zu vereinen, trotz des Gedankens, dass der seit Ewigkeiten abgelaufene aber gekühlte APS-Film wohl nichts mehr taugen kann. Und so sollte es auch kommen, wobei an dieser Stelle gesagt werden muss, dass die Review über die Canon EOS IX einen eigenen Weg außerhalb der üblichen Bewertung geht.

 

 

Alea iacta est – Die Entscheidung ist gefallen! Zusammen mit Silke besuche ich die antike Stadt Colonia Ulpia Traiana am Niederrhein. Colonia Ulpia Traiana war eine römische Stadt mit einer Fläche von ca. 70 ha und schätzungsweise 40.000 Einwohnern. Sie lag am Stadtrand von Xanten und viele rekonstruierte Teile liegen heute inmitten des größten archäologischen Freilichtmuseums (mit angeschlossenem LRV Römermuseum) Deutschlands. Um 100 n. Chr. erhielt die Stadt den Titel Colonia und gehörte fortan zu den bedeutendsten Städten des Römischen Reiches. Hier im Archäologischen Park Xanten erfährt man alles über die Römer und ihre einstige Lebensweise am Niederrhein. Mit dem rekonstruierten Amphitheater und einem Teil des Tempels ist der Archäologische Park Xanten weltweit bekannt.

 

Rekonstruktion Stadtbild Colonia Ulpia Traiana um 100 n. Chr

 

Weltweit bekannt ist auch die Fa. Canon, die 1996 ihre APS – Spiegelreflex Kamera EOS IX vorstellte. Konzipiert für die APS-Filmpatrone, hat diese Kamera etliche Bedienelemente verbaut. Das Design war einzigartig und mit Ihrer Technik war sie für den neuen APS Markt sehr gut gewappnet.  

 

„IX“ steht beim EOS IX-System (und APS-System) übrigens für „Information Exchange“. Ein weiteres interessantes Detail der EOS IX: Der Indexprint steht immer auf dem Kopf. Das liegt daran, dass die Filmdose bei diesem Modell konstruktionsbedingt auf dem Kopf bzw. verkehrt herum eingelegt wird. Dadurch wird auch der Film in die entgegengesetzte Richtung transportiert.

 

 

Mit der Canon EOS IX in der Hand durchstreifen wir das riesige Gelände. Es gibt viel zu sehen, aber auch viel zu laufen. Ich mache viele Fotos und die Motive scheinen unendlich. Schon in der Antike gab es Bäder, Fußbodenheizung und Latrinen, die an einen Kanal angeschlossen waren. Auch wenn wir uns heutzutage zum Glück von den öffentlichen Gemeinschaftstoiletten verabschiedet haben und Latein eine tote Sprache ist, gibt es immer noch viel Neues und Altbewährtes zu bestaunen. Die allgemein gültige Aussage von Obelix „Die spinnen, die Römer“ kann ich zumindest als Fan der Gallier so nicht mehr unterstützen!

 

 

 

Die EOS IX macht auf jeden Fall einen tollen Job! Das Zoomobjektiv arbeitet sehr schnell und sauber. Das Sucherbild ist gestochen scharf und die Auslösung absolut präzise. Die APS-Bildformate sind sehr vielfältig, aber vor allem gefällt mir die haptisch intuitive manuelle „Menüführung“. Alles wirkt sehr modern und zeitgemäß. Hätte diese Kamera einen Sensor statt eines Films verbaut, wäre der Unterschied wohl nur am fehlenden Display auf der Rückseite zu erkennen. Schnell war der Tag vorbei und die Filmpatrone mit tollen Motiven gefüllt.

 

 

Der Film ließ sich in der Drogerie mit etwas Wartezeit (ca. 2 Wochen) noch recht gut entwickeln, aber beim Öffnen der Tüte bestätigte sich meine Vermutung. Die Bilder waren fast alle unbrauchbar. Die Farben sind leider sehr blass und extrem verfälscht. Vieles wirkt sehr körnig und die Belichtungen sind entweder zu dunkel oder zu hell. Naja, für einen Film, der ca. 20 Jahre alt ist und bestimmt keine durchgehende Kühlkette hatte, sind die Bilder zumindest vom Schärfefokus her nicht unscharf.

 

 

Ein Grund mehr, den Scanner auszupacken und die Qualität der Negative zu überprüfen. Schnell ist die Filmdose geöffnet und der Film in relativ gleichen Teilen geschnitten. Eine Scan-Halterung für die kleinen Negative habe ich nicht, aber mit Hilfe einer dünnen Glasplatte lassen sich die Negativstreifen gut auflegen und gleichzeitig beschweren.

Ein erster Durchgang zeigt: Die Farben sind dahin. Auch die tollen Außenaufnahmen (Amphitheater, Tempel, Bootsbau etc.) sind wegen der fehlenden Partikel bzw. defekten Beschichtung nicht mehr zu retten.

 

 

 

Zum ersten Mal in der analogen Fotografie beschließe ich, einen anderen Weg zu gehen. Mit Hilfe der digitalen Bildbearbeitung versuche ich zu retten, was noch zu retten ist. Ich gebe zu, die Eingriffe sind zum Teil drastisch, aber möglich. In S/W und einer extrem hohen Scan-Auflösung habe ich die Möglichkeit, diverse Einstellungen so stark zu verändern, dass zumindest das ein oder andere Bild oder ein Teilausschnitt dessen ein (ganz) neues Leben erhält. Zufrieden bin ich als Analog-Fan natürlich nur bedingt, aber es wäre einfach zu schade gewesen, diese Fotos als unbrauchbar abzustempeln.

 

Fazit: Latein ist als Sprache tot – so wie das APS-Format in der Fotografie. Trotzdem hat mir das Fotografieren mit der EOS IX sehr viel Spaß gemacht. Die Kamera selbst ist großartig! Zusammen mit dem Objektiv ein tolles Gespann! Wäre die Digitalfotografie viel später auf den Markt gekommen, hätte das APS-Format sicher ein sehr gutes Potential gehabt. Es ist sehr einfach in der Handhabung und die Industrie hätte sicherlich einen enormen Profit erwarten können, wenn es sich durchgesetzt hätte.

 

 

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