Flexaret II – Mit dem Zweiten sieht man besser
Ich stehe ja auf das Fotografieren mit einem Lichtschacht! Wie bei der Exa 1a lässt die Flexaret II einen schon fast dreidimensional in die Mattscheibe eintauchen! Ich habe wirklich bereut, nur zwölf Bilder mit dieser analogen Mittelformatkamera gemacht zu haben!!!
Mal abgesehen davon, dass mein alter Lenovo-Laptop bei den Datenmengen beim Bearbeiten der Fotos (Zuschnitt, das Drehen des Bildes oder Korrigieren von Helligkeit) in die Knie ging, bin ich mit den Bildern super zufrieden! Auf dem Kodak Porta 400 sind so viele Detailinformationen, dass der Arbeitsspeicher quasi qualmte…! Wenn ich demnächst noch so einen doppeläugigen Fotoapparat wie die Flexaret II teste, kann ich mir besser gleich einen neuen Laptop kaufen 😉
Optisch sind diese Art (sowie die Balgenkameras) der analogen Zeitgeschichte für mich die Königsklasse! Mehr Retro und Vintage geht nicht! „Meiner“ Flexaret ist auch etwas anzusehen, dass sie schon den zweiten Weltkrieg überstanden hat! Respekt! Und dann bringen diese Biester neben Aufmerksamkeit bei den Mitmenschen sogar noch Leistung! Und wieder den Nebeneffekt: Entschleunigung! Bei diesem Foto waren wir mit dem Blickwinkel Magazin auf einem Fotowalk in Köln unterwegs.
Und dort zeigte sich wieder: Mit der digitalen Kamera wird „darauf losgeschossen“, was das Zeug hält! Wird doch eh alles im Nachhinein noch am PC bearbeitet! Ich stehe dagegen mit meiner Flexaret II bewusst da, suche die richtige Bildgestaltung (muss dafür auch mal ein paar Schritte vor oder zurück – habe ja schließlich keinen Zoom) und kontrolliere gefühlt ein Dutzend Mal die Belichtungszeiten und Schärfe. In der Zwischenzeit sind die Kollegen mit 30 Fotos zum sechsten Motiv weiter gewandert. Schnelllebig sind wir geworden, nicht wahr?! Immer rastlos auf der Suche. Das passiert Euch mit solch einem kostbaren, mengenbegrenztem Film nicht! 😉 Ich würde lügen, wenn ich nicht auch eine digitale Kamera dabei habe!! Aber selbst mit dieser sitzt der Finger am Auslöser nicht mehr ganz so locker! Man macht sich mehr Gedanken als früher, ob man das Foto nachher nicht sowieso löscht. Fluch oder Segen? Wird man zu befangen oder wird die Bildgestaltung dadurch intensiver? Man weiß es nicht…
Lässt man mal andere Fotofreunde durch den Sucher der Flexaret II schauen, sind diese genauso hin und weg wie ich! Ich habe für Euch mal versucht, den Blick mit dem Smartphone zu visualisieren (und war in dem Moment enttäuscht, dass ich keinen Film mehr in diesem tollen Apparat hatte 🙁 😉 ).
Beachtet hierbei, dass Ihr nicht durch die Linse schaut! Bedeutet, dass sich die Tiefenschärfe bei Euren Fotos je nach gewählter Blend eventuell ändert! Denn dieses „Auge“ zeigt immer die Offenblende an!
Geöffnet wird der Lichtschacht durch einen kleinen Hebel rückseitig. Intuitiv will man ihn nach unten drücken; Erfolg hat man aber nur durch ein Schieben nach rechts 😉 Durch das Suchen für Infos zu dieser Kamera habe ich erst festgestellt, dass bei meiner Flexaret II die Vergrößerung über der Mattscheibe fehlt. Was erklären könnte, dass ich mir bei der Schärfe oft unsicher war und viel Zeit zum Justieren brauchte… Hat trotzdem geklappt 😉 Okay… Hier bei den schlechten Lichtverhältnissen eher weniger. Ich wollte die Pinsel scharf haben… Aber hätte ich Euch das nicht gebeichtet, wäre das Foto vielleicht auch so durchgegangen 😉
Zum Filmeinlegen wird die Flexaret II ganz simpel rückseitig über den kleinen Knopf ganz oben links geöffnet → die Klappe schwingt nach unten auf. Alte, leere Spule unten entnehmen und oben wieder einsetzen. Am freien Platz wird nun der Film eingelegt und das Ende in die alte Spule eingefädelt. Und egal bei welchem analogen Fotoapparat: Achtet immer darauf, dass das Zelluloid möglichst plan/parallel in der Kamera liegt! Die ersten Bilder sind eh belichtet, bzw. haben die Mittelformatfilme so viel „Umverpackung“ bis zum ersten Foto, dass Ihr ruhig mit den Fingern auf dem Film rumdrücken könnt! Jede Wölbung/Krümmung würde logischer Weise die Schärfe negativ beeinflussen!
Die weitere Bedienung ist quasi kinderleicht. Am Ring außerhalb der Linse stellt stellt Ihr mit der roten Spitze die Belichtungszeit ein und rechts mit dem kleinen Hebel die Blende. Schärfe unten an der halbrunden Sichel justieren Der Auslöser wird mit dem kleinen „Knubbel“ oben links bei der Blendenzahl gespannt, ausgelöst wiederum mit dem Hebelchen darunter. Und fertig.
Da die Funktion/Bedienung der Flexaret II kurz und knackig ausfällt, habe ich ja noch etwas Platz für einen mini Reisebericht über Budapest 😉
Ich muss sagen: Die erste Stadt, bei der Google Maps bei der Entfernung und Zeitaufwand nicht lügt…! Für gewöhnlich hat man das Gefühl, schneller als der Rest der Menschheit zu laufen, da man zügiger am Ort ist, als angegeben wird. Geht bei Budapest aber bitte nicht davon aus, dass Euer Ziel ja schon hinter dem dritten Block liegt. Laut Karte wahrscheinlich schon. Jaaaaa- wenn sich so ein Häuserblock nicht mal eben über einen halben Kilometer erstrecken würde… 😉 😉
Anfangs ist man total fasziniert von den nostalgischen, dreistöckigen Gebäuden. Irgendwann erkennt man jedoch, dass alle Straßen gleich aussehen und sich nur kleine Details in den Fassaden unterscheiden. Man verliert jedoch schnell die Orientierung, da die gewaltig langen Straßenzüge quadratisch aufgeteilt sind und dann doch irgendwie gleich aussehen.
Wird man in Prag in Sachen Gastronomie alle paar Meter verwöhnt, sucht man in Budapest vergebens. Selbst mit Maps: Suchst Du „in der Nähe“ (das Thema hatten wir ja gerade 😉 ) ein Café, findest Du eine Kneipe. Möchtest Du Deine Kehle mit Bier befeuchten, findest Du nur ein Café…
Ich für mich habe relativ wenige Sichtachsen in Budapest gefunden. Tatsächlich (leider) hauptsächlich die Touri-Magneten. Ist nett da – aber wart Ihr schon mal in Baden-Württemberg?! 😉 🙂 😉
So. Und nun werden keine Kameras mehr gekauft sondern für einen neuen Laptop gespart! Amen 😉
Zu den nackten Fakten:
Hersteller: Optikotechna/Prag, Baujahr ab 1941, Verschlussart: Prontor II 1-1/200, Brennweite: 80 mm, Blende 4,5 – 22, verwendeter Film: Kodak Porta 400