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RICOH FF-60 – Das „Phantom“

Ein Phantom ist eine mysteriöse und geisterhafte Gestalt, die oft in Legenden und fiktiven Geschichten auftaucht. Es wird meist als unsichtbares Wesen dargestellt, das die Fähigkeit hat, sich zu materialisieren oder zu verschwinden. Phantome werden oft mit Dunkelheit, Nebel und Schatten in Verbindung gebracht, was ihnen eine gruselige und unheimliche Erscheinung verleiht. Gruselig und unheimlich wirkt die RICOH FF-60 auf mich nicht, vielmehr freundlich und verspielt. Dennoch scheint dieser Fotoapparat in seiner Historie kaum Spüren hinterlassen zu haben, oder zu wollen? Die FF-60 ist tatsächlich gewissermaßen ein Phantom, welches im Gegensatz zum allgemeinen Ruf aber wohl mehr das helle Licht mag, und Nebel oder Schatten am liebsten auf eine 35 mm Filmrolle verbannt. Zum Glück beläuft diese These auf Eigenerfahrung, dazu aber später mehr.

 

 

Spezielle Informationen über die RICOH FF-60 sind im Netz nahezu nicht zu finden. Die Gründe könnten vielfältig sein, daher kann ich nur ein wenig mutmaßen. Mit ein wenig fährtenlesen erhalte ich trotzdem ein paar interessante Einblicke über die Technik und die damalige Vertriebsstruktur der damals heiß umworbenen Fotoapparate. Eigen- oder Hausmarke heiß vielleicht das Schlüsselwort. Wo im Jahre 1986 die RICOH FF-60 auf dem Markt kam, war eigentlich schon das Nachfolgemodell in der Mache. Ich spreche von der RICOH FF-70 bzw. FF-90 für den amerikanischen Markt. Diese Geräte wurden bereits beworben oder waren als Neuankündigung in den Startlöchern. Wie sich vielleicht der ein oder andere Leser noch erinnern kann, waren zu diesem Zeitpunkt die Versandhausketten wie Quelle, Quelle Foto oder im amerikanischen Raum SEARS etc. auf Ihrem absoluten Vertriebshöhepunkt. Die kiloschweren und über tausend seitigen Versandkataloge, die 2 Mal im Jahr auf den hiesigen Fliesentisch im Wohnzimmer landeten, befriedigten die Sehnsüchte ganzer Generationen – vom Tischdecken-Set über Kücheneinrichtungen, Möbel hin zu Computerkonsolen, Kühlschränken, Backöfen, Foto, TV oder HiFi. Komplexe und manchmal auch verwirrende Modewelten in über hunderten vonseiten befriedigten die Träume der Konsumenten, sodass ein solcher Katalog nicht zu Unrecht auch die „Bibel“ des Wirtschaftswunders genannt wurde. Eine Marktdominanz, die sich durchzusetzen wusste.

 

 

Eine Konsumentwicklung in diesem Ausmaße ging natürlich auch nicht an den Herstellern aus Fernost vorbei. Originale oder leicht veränderte Produkte (z.B. durch veränderte Farbgebungen) bekamen ein anderer Brand oder ein Versandhaus eigenes Label. Sobald die Komplexität der Fotoapparate zunahm und in Massenproduktion hergestellt wurde, musste ein Deal abgeschlossen werden, um von dem neuen Standard zu profitieren. Somit konnte man sich die Marktpositionen sichern oder gar ein bestimmtes Produkt exklusiv bewerben und vermarkten. Das Prinzip der Eigen- oder Hausmarke ist heute in allen Bereich des Konsumentenlebens zu finden und ist für die jeweiligen Händler oft ein großer finanzieller Erfolg. Im Kaufmännischen erleben wir oft das Wort Umsatz oder Umsatzsteigerung, jedoch sind es genaugenommen die guten Deckungsbeiträge, die Haus- oder Eigenmarke auch in der Mischkalkulation zu anderen Produkten unglaublich attraktiv macht. Für den Verbraucher ändert sich hingegen nicht viel – Er erhält ein um gelabeltes Markenprodukt mit allen Vorteilen. Preislich gegenüber dem Original als auch im Servicebereich, der nicht selten vom Versandhaushandel übernommen wurde. Darüber hinaus hatte der gemeine Käufer (im Vergleich zu heute) auch wenig Chancen, eine weitere Vertriebsquelle ausfindig zu machen. Eine Win-win-Situation für alle  🙂

 

 

Im Winterkatalog 1986 des amerikanischen Versandhaushandel SEARS (Sears Wishbook) wird zum Beispiel unser Phantom, die RICOH FF-60 neben Nikon und Canon als SEARSBEST LXI-AF beworben. Die Farbe war Schwarz mit goldener Aufschrift.

Eine weitere ahnende Möglichkeit, die unsere RICOH FF-60 zum Phantom gemacht hat, sind die damaligen Einkaufverbunde oder Fotoketten, die im Einzelhandel vor Ort stationiert waren. Auch hier gab es bedingt durch die Marktdominanz Haus- oder Eigenmarken oder halt speziell ausgehandelte exklusive Vertriebsrechte für das Originalprodukt. Vielleicht sind es ja genau diese Rechte, die unsere RICOH FF-60 so selten machen. Eine echte offizielle Markteinführung der FF-60 vom Hersteller ist mir nicht bekannt, somit könnte die RICOH eventuell eine preisgünstige Einzel- oder Fachhandelsvariante zum damaligen Flaggschiff FF-70 gewesen sein. Diese wurde [wie in meinem Beispiel] in den 1980ern immerhin mit sage und schreibe 439,00 DM gehandelt. Das war kein Pappenstiel und ein Point & Shoot Fotoapparat in dieser Preisklasse musste sich natürlich von seinem Vorgänger abheben.

Die tatsächliche Wahrheit über die RICOH FF-60 liegt vermutlich irgendwo in der Mitte und bleibt für mich offen. Ich persönlich finde es aus heutiger Sicht auch irgendwie cool, ein solches Phantom besitzen zu dürfen. Das macht sie geheimnisvoll und zu etwas Besonderem.  Mit ein wenig Glück kann man auch heute die RICOH FF-60 noch auf diversen Anzeigenportalen oder Trödelmärkten gebraucht erwerben. Schließlich war sie ein in gewisser Weise doch ein Massenprodukt.

Ich belasse es zumindest dabei, dass diese Kamera mit ihrer Einführung vielleicht einen etwas anderen Vertriebskanal genießen durfte. Solltest Du vielleicht mehr wissen oder eine andere Theorie bestätigen können, so lass es mich unter info@maniacphotos.com wissen!

 

 

Optisch ist die Kamera relativ unauffällig. Ein schwarzer freundlicher kleiner Kasten mit integriertem Blitzlicht und blau gestreiften Akzenten. Verspielt hingegen wirken das LCD-Display und die gelben Einstellknöpfe auf der Oberseite. Die Linse ist geschützt durch einen schiebbaren Deckel. Meine Emotionen halten sich überwiegend in Grenzen, denn alles wirkt auf bester „Understatement Manier“  stimmig und solide. Eine Designikone ist sie trotz gelber Knöpfe jedoch nicht.

 

Die RICOH FF-60 arbeiten nicht ohne Batterien. 2 AA-Batterien wollen korrekt platziert werden, damit die LCD Anzeige aus Ihrem Dornröschenschlaf geweckt wird. Das Filmeinlegen gestaltet sich als einfach. Sobald die Perforationslöcher des Films von den Transportzähnen erfasst werden, kann die Rückwand wieder geschlossen werden. Automatisch wird der Film transportiert und im Display erscheint eine 1. Durch die DX Codierung wird automatisch die Filmempfindlichkeit erfasst. Natürlich ist auch eine manuelle Einstellung der ISO Werte möglich. Mit dem Öffnen des Objektivschutzdeckels ist auch die letzte Hürde gemeistert und das Fotografieren kann beginnen. Insgesamt bietet die Kamera 10 automatische Fokkussierbereiche, die für jede Entfernung das passende im Repertoire hat. Das Autofokus-Messfeld befindet sich mittig im Sucher. Die Schärfenvorwahl ist sehr empfindlich und bedarf eines langsamen, nicht überstürzten Auslösefinger.

 

 

 

 

Hat man alle Fotos im „Kasten“ so wird automatisch zurückgespult. Sollte man vorab abbrechen, um ggf. das ein oder andere Beweismaterial aus der Kamera schnell zu entfernen, so kann jederzeit der Film auch per Knopfdruck zurücktransportiert werden.

 

Fazit: Mit der RICOH FF-60 habe ich verhältnismäßig viel erlebt. Sie war mit auf der Insel Madeira, (mystischer Nebelwald) im Münsterland (Burgen & Schlösser) als auch im Ruhrgebiet zur klassischen Kirmes. Ein angenehmer Begleiter, auch wenn bei Spontanaufnahmen der schiebbare Schutzdeckel (wohl altersbedingt) manchmal bockig war. Die Foto Resultate sind schön geworden. Da braucht das „Phantom“ sich jedenfalls nicht vor zu verstecken!

 

Kameratyp: 35-mm Sucherkamera mit Zentralverschluss und automatischer Scharfeinstellung / Objektiv: Rikenon f 2,8/35 mm / Scharfeinstellung: Automatisch mit Schärfenvorwahl, Entfernungsmessbereich ab 0,8m / Belichtung: Automatisch / Filmempfindlichkeit: ISO 25 bis 1600, DX – Codesystem Kompatibel -Auto/ Bildzählwerk: Vorwärts- oder Rückwärtszählend sichtbar im LCD Display / Gewicht: 290g ohne Film und Batterien

 

 

 

 

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