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RICOH TLS 401 – Neckermann´s Bestleistung

Über die RICOH TLS 401 ist schon viel geschrieben worden und sie fasziniert bis heute . Sie ist mehr als nur eine Spiegelreflexkamera unter vielen, die ab 1970 über Neckermann in Deutschland vertrieben wurde. Neben Ihren damaligen besonderen Funktionen bleibt sie ein günstiges Objekt der Begierde und ist immernoch bei Analgogeinsteigern und Sammlern beliebt.

 

 

Während die Fotografie in den 70er Jahren von technischen Neuerungen verwöhnt wurde, waren es oft die großen Versandhäuser, die die passenden Produkte in Bild und Text per Katalog direkt ins heimische Wohnzimmer brachten. Technik und Trends waren greifbar und wurden neben Hochglanzfotos und bunter Typografie sehr plakativ beworben. Tiefer betrachtet wurde man durch einen Katalog eigendlich regelrecht getriggert – denn der Fotoapparat der Begierde stand quasi schon auf dem Tisch – zwar nur als Foto, aber schön bunt und mit allen tollen Produktvorteilen.

Neckermann oder Quelle offerierte dem Fotointeressierten den schnellen Einstieg in die Welt der populären Fotografie. Das Fotofachgeschäft im Katalog – einfach bestellen und direkt nach Hause geliefert! Manchmal sogar mit einem echten Knüller – einer Kamera oder einer bestimmten Serie eines Herstellers, die der Fotofachhandel so nicht im Programm hatten. So auch die RICOH TLS401, angepriesen in goldenen Buchstaben als “Die Neckermann Bestleistung”.

 

TIPP

Anekdote: Die Bereitschaftstasche war nicht im Preis enthalten. In der Kunstledervariante 49,80 DM extra. Die Luxusledervariante sogar 59,00 EUR. Im Bundle war die erste Variante dann wieder für 39,00 DM zu haben. Viel ist viel lautete das wohl Motto daher wohl die vielen verschiedenen Bundleangebote. Wer da den Durchblick behielt, hatte sich innerlich sowieso schon längst zum Kauf hinreißen lassen 😉

 

Mit knapp 450,00 DM war die Ricoh TLS 401 kein Schnäppchen. Aber sie hatte auch zwei außergewöhnliche Produktmerkmale, die nicht nur dem eingefleischten “Neckerlandianer” gefielen. Das wohl augenfälligste erste Merkmal der Kamera ist das duale Suchersystem. Mit diesem hat der Anwender die Möglichkeit, neben der klassischen Suchervariante auch auf eine Aufsichtvariante umzuschalten. Durch einen Drehknopf wird ein weiterer Spiegel im Prismengehäuse heruntergeklappt, der einen Suchereinblick von oben in die Kamera ermöglicht. Besonders wenn der Fotograf mit seiner Kamera in Bodennähe (Froschperspektive) fotografierte, war diese Wahlmöglichkeit eine willkommene Alternative, um so manche unbequeme Bodenakrobatik zu vermeiden.

 

 

Das zweite prägnante Merkmal war die manuelle Umschaltung von der normalen Integralmessung (Vollfeldmessung) auf eine 10% Spotmessung mittels Schiebeschalter. Zusammen mit den beiden Sucheroptionen, bei denen die jeweilige Messung auch sichtbar im Sucher angezeigt wird, ein echter Kreativmodus!

 

 

Bei Neckermann gab es ein silbernes und ein schwarzes Modell zu kaufen, wobei das schwarze Modell eine etwas bessere Optik im Angebotsbundel hatte. Beide Modelle waren mit schwarzem Kunstledereinband verarbeitet. Da die RICOH TLS 401 mit einem M42-Gewinde ausgestattet war, konnten die vorhandenen Optiken der damaligen Fotoausrüstung verwendet werden.

 

 

Meiner Meinung nach ist die Ricoh TLS401 ein sehr schönes Modell. Sie ist sehr gut verarbeitet und macht schon mit der “Einsteigeroptik” eine gute Figur. Ok, das Gewicht ist gewöhnungsbedürftig, fast schon klobig, aber sollte mal ein Auto die Parkbremse vergessen haben, so lässt sich die RICOH TLS 401 auch fernab der Fotografie stets positiv zweckentfremden. Aber Spaß beiseite. Das Gewicht hat natürlich Vor- und Nachteile. Für den einen ist Gewicht gleich Handruhe, für den anderen halt eine Herausforderung. Schuld ist natürlich das Konstrukt des Sucheraufbaus.

 

 

Wollte man der RICOH TLS 401 einen abstrusen Vergleich anhängen, könnte man sie im weitesten Sinne mit einer soliden Harley Davidson mit ein paar Extras vergleichen. Technisch nicht perfekt, aber optisch und akustisch stets zum Hang nach Rampenlicht. Wer bei Nutzung der RICOH kein Feeling für Mechanik entwickelt, sollte sich lieber auf eine Plastik-Digitalkamera im Retro-Look konzentrieren. 😉 Die RICOH hat mich lange Zeit begleitet. Auf dem Weg zum Drogerie-Discounter meines Vertrauens wusste ich längst nicht mehr, wo ich überall fotografiert hatte. Auch die Motive wollten mir nicht mehr einfallen – umso schöner, dass mit dem Öffnen der Fototasche gleichzeitig eine Zeit- und Erinnerungsreise begann.

 

Fazit: Eine unglaublich robuste Kamera mit einem sehr sanften Auslöseton. Mit dem zweiten Sucher und der Spotmessung erweitererten sich die kreativen Möglichkeiten um ein Vielfaches. Auch die Optik ist brauchbar und  durch das M42 Gewinde kann das „Altglas“ weiter verwendet werden. Das Endergebnis, die Fotos gefallen. 🙂 Neckermann hat hier ein gutes Händchen in der Einkaufsabteilung bewiesen. Einziger Wermutstropfen ist das Gewicht – aber da gibt es Schlimmeres!

 

 

 

 

 

 

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